SERIE GREEN BONDS: NORWEGISCHER STAATSFONDS NBIM (7)

Grün und Nachhaltigkeit verpflichtet

Aktiver Investor in 9 000 Unternehmen – Rückzug aus 240 Firmen – EU-Taxonomie soll flexibel bleiben

Der norwegische Staatsfonds hat eine klare Herangehensweise in Sachen Green und Sustainable und vertritt diesen Ansatz aktiv bei allen Unternehmen, in denen er investiert ist. Aus 240 Adressen hat sich der Staatsfonds bereits zurückgezogen, da sie seinem zugrunde gelegten Ansatz nicht mehr genügten.

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Börsen-Zeitung, 3.7.2019

Wer sich im Markt für grüne, nachhaltige oder verantwortungsvolle Investments bewegt, wird zwangsläufig mit einer renommierten Adresse konfrontiert, und das ist der norwegische Staatsfonds NBIM (Norges Bank Investment Management). Der Fonds verwaltet ein Vermögen von rund 9 Bill. Dollar und ist damit einer der bedeutendsten Player an den internationalen Kapitalmärkten. Große Teile der Gelder werden an den Fixed-Income-Märkten investiert und das nach grünen, nachhaltigen bzw. verantwortungsvollen Grundsätzen. Der Akteur NBIM hinterlässt schon allein wegen seiner Größe am Markt Spuren. Entscheidungen, nach welchen Kriterien die Gelder angelegt werden, haben wegweisenden Charakter für die Kapitalmärkte. Der Börsen-Zeitung gibt NBIM einen Einblick, wie er sich in Sachen Green und Sustainable ausrichtet und die Gelder, die das finanzielle Rückgrat des Landes Norwegen darstellen, anlegt.

Nur ein einziges Ziel

„Wir haben nur ein einziges Ziel, und das ist der größtmögliche Ertrag mit moderatem Risiko. Dieser Ertrag ist von der Wertschöpfung abhängig, die die Unternehmen generieren, in die wir investieren. Nachhaltigkeits- und Unternehmensführungsrisiken können diesen Ertrag auf lange Sicht beeinflussen, und deshalb haben wir eine klare Erwartungshaltung dahingehend, wie die Unternehmen mit diesen Aspekten umgehen“, sagt Marthe Skaar, Sprecher bei NBIM.

Der Fonds sieht seine Rolle darin, als Investor an der Entwicklung internationaler Standards teilzunehmen und diese zusammen mit den eigenen Erwartungen und Positionen zu nutzen, um den Unternehmen damit auch eine Richtung vorzugeben. „Gut funktionierende Märkte und eine gute Corporate Governance sind unser Ziel“, so Skaar. In der Funktion des Anteilseigners von Unternehmen nutze NBIM seine Stimmrechte und stehe im Dialog mit den Unternehmen. Darüber hinaus investiere man nachhaltig. „Wir zielen darauf, langfristige Investmentopportunitäten zu identifizieren, und wollen nicht akzeptierbare Risiken für den Fonds reduzieren“, so Skaar weiter.

Dem Mandat des Fonds folgend, das vom norwegischen Finanzministerium vorgegeben wurde, wurde ein breites Spektrum von Prinzipien für ein verantwortungsvolles Management der verwalteten Gelder eingerichtet. Und das macht der Fonds auch nicht erst seit kurzem. „Vor über einem Jahrzehnt haben wir angefangen, unsere ersten Erwartungen in puncto Nachhaltigkeits- und Governance-Risiken zu formulieren, die wir bei Unternehmen haben, in die wir investieren. Diese Erwartungen werden direkt an die Unternehmensführung adressiert. Wir erwarten, dass die Unternehmensführung die Gesamtverantwortung für die Unternehmensstrategie übernimmt und die relevanten Herausforderungen in Sachen Nachhaltigkeit adressiert“, sagt Skaar. Als aktiver Investor nehme man in allen 9 000 Unternehmen, in denen man investiert sei, die Stimmrechte wahr. „Damit haben wir im Jahr 2003 angefangen. Unsere Aktivitäten in Sachen Nachhaltigkeit haben sich schrittweise weiterentwickelt, und in den vergangenen Jahren haben wir eine umfangreiche Datenbank mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten aufgebaut, die in unseren Risikomonitoringprozessen zum Einsatz kommen“, so Skaar.

Monitoring der Investments

Es gebe ein Monitoring der Investments, und dabei würden Nachhaltigkeitsaspekte angegangen als Teil des Risikomanagements und der Investmententscheidungen. „Die Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten in diesem Risikomanagement kann auch zu Desinvestitionen in Unternehmen führen, bei denen wir erhöhte langfristige Risiken sehen. Das sind Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit in einer Art ausführen, die wir nicht als nachhaltig erachten oder die negative finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen können. Auf der Grundlage dieser Herangehensweise haben wir uns seit dem Jahr 2012 aus 240 Unternehmen zurückgezogen“, sagt Skaar.

Das Finanzministerium Norwegens habe ethisch motivierte Vorgaben für Unternehmen gemacht, die in Betracht kommen bzw. ausgeschlossen werden. „Der Fonds darf nicht in Unternehmen investieren, die bestimmte Arten von Waffen herstellen, deren Operationen auf der Grundlage von Kohle erfolgen oder die Tabakerzeugnisse herstellen. Darüber hinaus darf der Fonds auch nicht in solche Firmen investieren, die durch ihr Verhalten fundamentale ethische Normen verletzen. Das Finanzministerium hat zudem einen Ethikrat für diese ethische Einschätzung von Unternehmen eingerichtet“, führt Skaar aus.

Der Staatsfonds Norwegens verfolgt klare Ziele mit Blick auf die Unternehmen, in die er investiert. „Eine wichtige Aufgabe in unserem verantwortungsvollen Investmentmanagement besteht darin, die Unternehmen von Worten zu Zahlen zu bekommen. Dann können wir ihre entsprechenden Bemühungen messen und bewerten. Das führt dazu, dass wir Risiken und Chancen auch besser verstehen“, sagt Skaar. Die Arbeit in Sachen Nachhaltigkeit beruhe auf Statistiken und Daten von Ländern, Branchen und Unternehmen und speziellen Themen. „Unsere Einschätzungen nehmen wir aber nicht auf der Grundlage von Ratings Dritter vor. Wir bekommen ESG-Daten von verschiedenen externen Quellen“, so Skaar. Das Ergebnis sei eine stetig wachsende Datenbank von Nachhaltigkeitsdaten, die sich über eine Reihe von Faktoren auf Länder-, Sektor- und Unternehmensebene erstrecke.

„Wir haben zum Beispiel unser eigenes Rahmenwerk geschaffen, um ein besseres Verständnis von klimabezogenen Risiken, aber auch Opportunitäten innerhalb des Fonds herzustellen. Darüber hinaus analysieren wir die Treibhausgasemissionen von Unternehmen unseres Portfolios. Wir messen den CO2-Fußabdruck des Fonds basierend auf Daten von Trucost. Und wir messen auch die Angaben von Unternehmen zu einer ganzen Reihe von Nachhaltigkeitsaspekten“, ergänzt Skaar.

Komplexes Unterfangen

Vor kurzem wurde in Sachen Green und Sustainable in Europa der nächste Meilenstein gesetzt. Es wurde die EU-Taxonomie für Green and Sustainable Finance vorgelegt. Das fand Anklang bei NBIM. „In den Befragungen haben wir unsere Unterstützung für die Arbeit der EU-Kommission an Sustainable Finance ausgedrückt. Wir begrüßen die diesbezüglichen Bestrebungen in Richtung präziser, relevanter und vergleichbarer Unternehmensangaben sowie entsprechender quantitativer Maßeinheiten“, sagt Skaar. Ein einheitliches Klassifizierungssystem zu schaffen – die sogenannte Taxonomie -, sei ein komplexes Unterfangen. Man unterstütze bei NBIM den insgesamt gefundenen Ansatz der Technical Expert Group der EU. NBIM erachtet es als wichtig, dass die Taxonomie detailliert genug ist, um ein effektives Klassifizierungssystem zu schaffen. „Gleichzeitig sollte es aber flexibel genug sein und sich über die Zeit hinweg weiterentwickeln, um technologische und wissenschaftliche Innovationen zu reflektieren. Und es sollte erlauben, dass regelmäßig Input von Unternehmen und Investoren verarbeitet werden kann“, so Skaar.

Verbesserte Nachhaltigkeitsangaben seien eine Voraussetzung für die vorgelegte Taxonomie, damit diese operational sei. Im Hause von NBIM folge man den Anforderungen für Umweltinvestments, die vom norwegischen Finanzministerium gemacht worden seien. Zudem gebe es eigene operationale Entscheidungen von NBIM.

Aktives Engagement

Nachhaltigkeitsaspekte stehen klar im Fokus bei NBIM. „Wir haben ein Monitoring unserer Investments, und Nachhaltigkeitsaspekte sind ein Teil unseres Risk Management, unserer Eigenschaft als Anteilseigner von Unternehmen und unserer Investmententscheidungen. Wir nutzen Nachhaltigkeitsdaten, um unsere Entscheidungen überhaupt zu formen, und nehmen Desinvestitionen bei Unternehmen vor, deren Geschäft auf lange Sicht nicht nachhaltig ist“, sagt Skaar. Die Herangehensweise in Sachen Nachhaltigkeit bei jedem einzelnen Unternehmen, das im Portfolio von NBIM vertreten sei, werde aber nicht offengelegt. Bei Unternehmen, bei denen man der Ansicht ist, dass sie bei ihren Unternehmensverfahren bzw. -abläufen hinterherhinken, würde man sich aber aktiv engagieren.


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