GESPRÄCH ZUR SERIE GREEN BONDS: PIERRE GRAMEGNA (6)

Luxemburg plant ersten Green Bond

Finanzminister sieht enormes Potenzial für grüne Anleihen – Diverse Initiativen für grüne Projekte

Das Großherzogtum Luxemburg plant, in den Club der Emittenten von grünen Staatsanleihen einzutreten. Das kündigt Pierre Gramegna, Finanzminister des Landes, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung an. Dem Green-Bond-Markt bescheinigt er enormes Wachstumspotenzial. Gramegnas Fokus liegt darauf, mehr grüne investierbare Projekte zu finden. In Luxemburg wurden diesbezüglich diverse Initiativen ins Leben gerufen.

Von Kai Johannsen, Luxemburg

Börsen-Zeitung, 26.6.2019

Pierre GramegnaDas Großherzogtum Luxemburg hat Pläne für die Emission der ersten grünen Staatsanleihe des Landes. „Wir sind dabei, erste Schritte in Richtung Emission eines Green Bond zu gehen. Details wie Zeitpunkt oder das angepeilte Volumen stehen verständlicherweise noch nicht fest, denn wir sind erst in einem sehr frühen Stadium unserer Planungen“, sagte Pierre Gramegna, Finanzminister von Luxemburg, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Auch weitere Einzelheiten zu dieser grünen Staatsanleihe seien noch nicht finalisiert, etwa wie die Anleihe strukturiert werden könnte. Gramegna streicht in dem Kontext den Seltenheitswert, den das Land in Sachen Anleiheemissionen hat, hervor. „Wir sind bekanntlich kein regelmäßiger Emittent von Anleihen“, sagte er. Zuletzt hat das Großherzogtum im Jahr 2017 eine Anleihe emittiert. Zurzeit hat Luxemburg sechs konventionelle Anleihen im Gesamtvolumen von 8,05 Mrd. Euro ausstehen. „Wir haben ganz generell keine Pläne, um nun kurzfristig an den Anleihemarkt zu gehen. Aber ein Green oder nachhaltiger Bond bei einer unserer nächsten Anleiheemissionen steht ganz klar auf der Agenda. Das ist sicher“, sagte Gramegna.

„Platz für viele Adressen“

Aktuell sind weltweit nur in etwa 2 % aller begebenen Anleihen sogenannte Green Bonds. „Daran sieht man doch das enorme Potenzial, das dieser Markt noch hat. Da gibt es noch Platz für viele Adressen im Markt“, so Gramegna weiter. Im Großherzogtum gibt es seit 2016 auch eine grüne Bond-Börse, die Luxemburg Green Exchange (LGX), die erste ihrer Art. Luxemburgs Finanzminister stellt sich aber durchaus darauf ein, dass die grüne Börse nicht auf Dauer konkurrenzlos bleiben wird. „Konkurrenz ist bekanntlich immer gut, sie belebt das Geschäft. Und bei grünen Anleihen können wir uns diese Belebung ja nur wünschen“, führt er aus. „Überall, wo ich in den vergangenen Monaten gewesen bin, wurde ich genau dazu befragt. Viele wundern sich, dass wahre Konkurrenz bis dato ausgeblieben ist. Unser Vorteil ist natürlich, dass wir der First Mover sind. Das kann uns keiner mehr nehmen. Und wie ich höre, haben wir noch viele grüne Bonds in der Pipeline. Das freut mich selbstverständlich“, so Gramegna.

In diesem Zusammenhang sind gerade Emittenten aus China wichtig. „Die Chinesen sind zweifelsohne ein wichtiger Bestandteil der grünen Börse, denn sie gehören zu den bedeutenden Emittenten grüner Anleihen. Ich denke, das wird auch so weitergehen“, sagte er und verwies auf die Tatsache, dass die großen chinesischen Banken Tochtergesellschaften in Luxemburg haben.

Die chinesischen Häuser seien aber nicht nur in Sachen Green Finance gut aufgestellt, sondern auch in Fintech und elektronischen Zahlungen sind sie vorn mit dabei, unterstreicht Minister Gramegna. „Ich glaube, hier sind Synergien möglich. Man darf nicht unterschätzen, welche enorm wichtige Rolle Fintech für Green Finance spielen könnte. Fintech und grüne Finanzen sind in Zukunft sehr eng beieinander“, so Gramegna.

Luxemburg ist Hinblick auf den Anleihemarkt in der Vergangenheit schon einige Male in der Pionierrolle gewesen, so auch im vorigen Jahr, als das weltweit erste Grüne-Anleihen-Gesetz – speziell für grüne Pfandbriefe aus dem Bereich der erneuerbaren Energien – ins Leben gerufen wurde, den sogenannten „lettre de gage énergies renouvelables“. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass dieses Grüne-Anleihen-Gesetz ein Wegbereiter für Chinas Banken sein könnte. Wir haben hier vor allem deutsche Häuser mit Emissionsvorhaben, ich kann mir auch vorstellen, dass eben auch chinesische Banken Interesse an dem Produkt haben könnten“, so Gramegna.

Was ist grün?

Er verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die entsprechende Taxonomie auf EU-Ebene hierzu derzeit in Vorbereitung ist. „Wir müssen uns auf europäischer Ebene erst noch darauf verständigen, was unter grün zu verstehen ist“, ergänzte er. In dem EU-Aktionsplan zu Green und Sustainable Finance sieht der Finanzminister den nächsten Meilenstein für den Green und Sustainable Markt. „Man hat dadurch ein rechtliches Rahmenwerk, an das sich alle im Markt halten können und auch müssen, wenn man neue Produkte auflegen will. Das wird es uns ermöglichen, dass wir in diesem Markt noch schneller von der Dimension Milliarden Euro auf die erforderlichen Billionen Euro kommen. Aber eben nur, wenn wir uns alle daran halten“, sagte er. „Klimaschutz und die Begrenzung des globalen Temperaturanstieges ist ein Thema, bei dem wir weltweit auf einer Schiene sein müssen. Denn wenn wir die Grenzen des Temperaturanstieges nicht einhalten, schaden wir uns allen selbst. Die Tragweite des Themas ist an den Finanzmärkten noch nicht zu jedem vollkommen durchdrungen“, sagte Gramegna.

Einen wichtigen begleitenden Faktor sieht er in diesem Zusammenhang auch in dem grünen Pfandbriefgesetz, das eine Art Vorlage für den Bereich der nachhaltigen Finanzen sei. „Dennoch wollen wir uns nicht nur auf Grün beschränken, sondern versuchen in allem, was wir tun, insgesamt eine nachhaltigere Dimension anzustreben. Generell geht der Trend in Europa ja dahin, dass mehr Wert auf den Aspekt Nachhaltigkeit gelegt wird“, führte er aus. Nachhaltigkeit sei ja bekanntlich viel breiter angelegt als nur grün und umweltfreundlich.

Green und Sustainable Finance ist jedoch derzeit weitgehend auf die institutionelle Anlegerwelt beschränkt. Wichtig sind auf lange Sicht auch die Privatanleger; das bedeutet für den Markt auch den nächsten großen Entwicklungsschritt. Es geht für Gramegna jetzt darum, das Ziel zu erreichen, mehr grüne und nachhaltige Produkte für Privatanleger zu bekommen. „Viele Akteure des Finanzplatzes sind sich darüber einig, dass in dieser Hinsicht ein Bedarf besteht, insbesondere bei der jüngeren Generation müssen wir solche Produkte zur Verfügung haben. Da ist sozusagen der ganze Sektor in der Pflicht“, sagte er. Das müsse man auch im Zusammenhang mit der europäischen Taxonomie sehen. „Denn es kann ja nicht darum gehen, Produkte einfach nur grün anzustreichen. Aber wer weiß, vielleicht haben wir in absehbarer Zeit das erste grüne Sparbuch und andere innovative Produkte“, so Gramegna.

Im Blick hat Gramegna aber auch die institutionelle Gruppe der Versicherer, die über hohe Kapitalvolumina verfügen, die in grüne Infrastruktur investiert werden könnten. Dies sollte man auch bei der anstehenden Überarbeitung der Solvency-II-Richtlinie im Hinterkopf behalten.

Gramegna hat sich als Ziel gesetzt, den Luxemburger Platz zu einem noch grüneren und nachhaltigeren Finanzplatz weiter umzuformen, und sieht dabei in den kommenden Jahren zwei Herausforderungen. Das sei zum einen die Definition von grün und damit die Taxonomie, und das sei zum anderen das Erfordernis, genügend grüne und nachhaltige Projekte zu finden, die auch bankfähig sind. „Und bei diesen beiden Herausforderungen lege ich den Fokus mehr darauf, genügend bankfähige grüne Projekte zu finden und Investoren von ihrer Rentabilität zu überzeugen, damit sie auch in diese investieren“, so Gramegna. Viele im Markt würden häufig zu der Beurteilung kommen, dass bestimmte grüne Projekte – aus unterschiedlichsten Gründen – nicht finanziert werden sollten. Da fehle jedoch die Weitsicht. „Es ist schlichtweg sinnvoller, dass man daran arbeitet, wie man grüne Projekte so aufstellen kann, dass sie für Investoren tragfähig werden“, sagte er.

„Richtige Förderung“

„Richtige Förderung ist wichtig im Bereich grüne Finanzen. So haben wir hier in Luxemburg zum Beispiel den Akzelerator ICFA gegründet“, so Gramegna. Der International Climate Finance Accelerator Luxembourg (ICFA) fördert innovative Fondsverwalter im Bereich Klimaschutz und gibt ihnen in diverser Hinsicht Unterstützung beim Aufbau ihrer Geschäftsidee. „Wir würden uns hier wünschen, dass dieses Unterfangen in anderen Ländern Schule machen würde und es dann ähnliche Initiativen gibt.“ Dabei komme es dann auch auf privatwirtschaftliche Bestrebungen an. Es gehe ja darum, genau solche grünen Projekte zu finden, die sich letzten Endes auch tragen und damit für Finanzierungen in Frage kommen. „Man muss immer sehr aufpassen, dass nicht Projekte angeboten werden, die im Grunde genommen keine grünen Projekte sind und die damit auch nicht für Finanzierungen in Frage kommen sollten. Da schließt sich der Kreis: Deshalb ist die EU-Taxonomie so wichtig.“ Man brauche diese Definitionen von grün. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir eine ähnliche Erfolgsgeschichte bei Green und Sustainable Finance bekommen, wie sie im Jahr 1985 mit der Ucits-Initiative losgetreten wurde“, ergänzte er.

Plattform mit der EIB

Konkrete grüne Projekte bringt Gramegna aber noch über eine andere Schiene auf den Weg und will damit den Finanzplatz weiter in Richtung Green und Sustainable voranbringen. „Wir haben mit dem Green-Bond-Pionier, der Europäischen Investitionsbank, eine gemeinsame Plattform geschaffen, die private Investitionen von grünen Projekten möglich macht“, sagte er. Der Staat Luxemburg fungiere dabei als erster Risikonehmer, die Europäische Investitionsbank sei in der Rolle des zweiten Risikonehmers. „Darüber wollen wir Investitionsprojekte bankfähig machen. Das bedeutet: Die Risiken sind damit niedrig genug, damit wir private Investoren – in Form von Banken etwa – mit ins Boot bekommen. Damit haben wir eine Plattform, die Projekte möglich macht, die ansonsten nicht funktionieren würden. Das läuft seit knapp drei Jahren sehr gut“, sagte Gramegna.

Neue Organisation gegründet

Zudem habe man letztes Jahr mit United Nations Environment Programme – kurz Unep – eine Zusammenarbeit gestartet. Hier wurde zusammen mit dem Finanzplatz und der Zivilgesellschaft eine Sustainable Finance Roadmap erstellt. Diese listet Luxemburgs zukünftige Aktionen im Bereich der nachhaltigen Finanzen, im öffentlichen sowie im privaten Bereich auf. Die Regierung hat beschlossen, für deren Umsetzung eine öffentlich-private Organisation zu gründen – die Sustainable Finance Initiative Luxembourg.

Der Finanzplatz Luxemburg rangiert beim diesjährigen Global Green Finance Index unter den Top Five der Finanzplätze mit der grünsten Infrastruktur. „Ich wünsche mir nicht nur von den Akteuren am Luxemburger Finanzplatz, dass sie den Anspruch haben, der grünste Markt überhaupt zu werden, sondern auch von Akteuren an anderen Finanzplätzen. Das ist nicht nur im eigenen Interesse der Akteure, sondern auch im Interesse eines modernen Finanzplatzes, der wegweisend auf diesem Gebiet sein will“, so Gramegna.

AIIB tagt im Großherzogtum

Green und Sustainable Finance wird im Juli wieder ein zentrales Thema am Luxemburger Finanzplatz sein, denn es findet die Jahrestagung der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) im Großherzogtum statt und damit das erste Mal in einem nicht-asiatischen Land. Die AIIB mit den Leitmotiven Lean, Clean und Green ist selbst eine sehr grün ausgerichtete Institution und folgt damit stark ihrem Vorbild der EIB. „Auch von dieser Tagung erhoffen wir uns Impulse und Ideen, nicht zuletzt natürlich für grüne Projekte und Initiativen, die wir auf den Weg bringen können. Es ist mit rund 1 500 Teilnehmern eines der größten Treffen, das wir jemals ausgerichtet haben, und hat damit durchaus das Potenzial, neue Themen und Lösungsansätze hervorzubringen“, so Gramegna. Die Tagung stehe unter der Devise Kooperation und Konnektivität. „Grüne Projekte, grüne Finanzinfrastruktur und Nachhaltigkeit sind zentrale Themen der Mitte Juli stattfindenden Tagung“, sagte er.


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