GREEN BONDS

Green Bonds sind eine Erfolgsstory

Markt ist auf dem Weg zum Mainstream – Immer mehr Emittenten bereichern das grüne Segment

Green Bonds haben die Nische längst verlassen. Sie sind ein fester Bestandteil der internationalen Finanzmärkte und befinden sich ganz klar auf dem Weg zum Mainstream. Immer mehr Emittenten aus allen Lagern werden in diesen Markt einsteigen. Dieser Entwicklung können sie sich nicht mehr verschließen.

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Börsen-Zeitung, 9.5.2019

„Mit diesen Bonds werden Projekte der nachhaltigen Energieversorgung und der effizienten Energieerzeugung finanziert. Gekauft werden sie von Investorengruppen, die ihre Anlagepolitik vor dem Hintergrund ethischer Aspekte steuern. Die EIB spielt in diesem Marktsegment der zielgerichteten Anleihen seit 2007 eine wichtige Rolle, die wir auch künftig entsprechend ausfüllen werden. Das Produkt hat bei diesen Anlegern einen hohen Stellenwert. Nach der ersten Emission im Euro ist nunmehr Investoreninteresse auch im skandinavischen und asiatischen Raum entstanden.“ So beschrieb einst Barbara Bargagli-Petrucci, frühere Kapitalmarktchefin der Europäischen Investitionsbank (EIB), was es mit grünen Anleihen der EIB so auf sich hat, wer das kauft, in welcher Rolle man sich sieht und wie der Markt am besten entwickelt werden soll. Über den skandinavischen Raum wollte man gehen, da man dort ein verstärktes Bewusstsein für solche grünen Themen und Green Bonds vorfand, ließ sie im damaligen Interview wissen. Das ist schon ein wenig her: Das betreffende Interview – ein Funding-Ausblick der EIB – erschien in der Börsen-Zeitung am 25. November 2010.

Seinerzeit wurden Emissionen noch in Millionen-Euro-Größenordnungen gemessen. Der Markt hatte erst kurze Zeit zuvor die Volumenmarke von 1 Mrd. Euro überwunden, wohlgemerkt das gesamte ausstehende Volumen. 2010 waren es dann schon mehr als 3 Mrd. Euro an ausstehenden Green Bonds. Die EIB tummelte sich praktisch allein in einem Markt, der wahrlich als Nische bezeichnet werden durfte. Und so mancher nahm Green Bonds auch nicht ganz so ernst. Von einer Entwicklung hin zum Mainstream traute sich seinerzeit keiner zu sprechen.

Pionier aus Luxemburg

Von daher ist es umso bemerkenswerter, was die EIB als Pionier der Green Bonds aus dieser einstigen Nische gemacht hat. Die im Großherzogtum Luxemburg beheimatete Bank der Europäischen Union (EU) blieb fortwährend am Ball. Das betrifft Emissionen von Climate Awareness Bonds, wie die Green Bonds der EIB offiziell heißen. Bis heute hat sie grüne Anleihen im Gesamtumfang von 24 Mrd. Euro gebracht. Der bedeutendste Market Player ist die EIB aber auch noch aus einem anderen Grund. Sie formte den Markt, setzte Meilensteine, indem sie sich für Standards starkmachte und mit vielen anderen Marktteilnehmern für die konsequente Weiterentwicklung dieses grünen Anleihesegments sorgte. Der globale Siegeszug, den Green Bonds in den Folgejahren feierten und bis heute feiern, ist zum größten Teil das Verdienst der EIB und der Konsequenz, mit der sie sich den Green Bonds verschrieb.

Sehr gute Entwicklung

Heute liegt das ausstehende Volumen aller weltweit emittierten Green Bonds laut Environmental Finance Bond Database bei umgerechnet über 593 Mrd. Dollar. In Anbetracht solcher Dimensionen lässt sich wohl durchaus konstatieren, dass der EIB die Marktentwicklung sehr gut gelungen ist. Zuletzt hat vor ein paar Tagen Frankreich eine grüne Anleihe gebracht – im Volumen von rund 1,9 Mrd. Euro. Das stellt heute das Volumen einer Aufstockung einer grünen Anleihe eines Staates dar. Im Jahr 2008 war das gesamte Marktvolumen nicht einmal so hoch. Der Markt hat verständlicherweise ein enormes Potenzial, wenn man sich überlegt, dass in kommenden Jahren noch viele weitere Emittenten in den Markt einsteigen und grüne Bonds auflegen; vor allem, wenn man sich vor Augen hält, dass die grünen Anleihen durchaus die herkömmlichen nichtgrünen Anleihen ablösen können und vermutlich auch werden. Der gesamte Markt der Euro-Staatsanleihen (Eurozone) kommt nach Berechnungen der Zinsanalysten der Commerzbank auf ein Volumen von knapp 7,5 Bill. Euro (Nominalvolumen). Das sind nur die Anleihen der Zentralstaaten. Rechnet man Agencies wie ESM und Gebietskörperschaften wie deutsche Länder (SSA-Universum, supranationale Emittenten, Sub-Sovereigns und Agencies) hinzu, kommt man auf ein Nominalvolumen von fast 8,4 Bill. Euro. Das zeigt das enorme Wachstumspotenzial.

Der Kreis wird immer größer

Im Kreis der Emittenten hat in den vergangenen Jahren eine enorme Verbreiterung stattgefunden. Waren es anfangs internationale Entwicklungsinstitutionen wie eben die EIB, die den Markt mit Emissionen grüner Papiere versorgten, ist heute die ganze Bandbreite der Emittenten vertreten. Staaten, Banken, Unternehmen, SSA-Adressen – sämtliche Institutionenarten sind mit von der Partie. In Europa haben bei den Staaten etwa Frankreich, Polen, Belgien und Irland grüne Staatsanleihen in ihrem Funding-Repertoire. Die Niederlande stoßen nun als Nächste dazu. Die Emission der grünen Debüt-Anleihe soll noch in diesem Monat erfolgen. Außerhalb Europas oder der Eurozone haben die Fijis, Nigeria oder auch Indonesien grüne Anleihen begeben. Und man darf durchaus gespannt sein, welche Staaten, aber auch Unternehmen und Banken als Nächstes Mitglied im Club der grünen Emittenten werden.

EIB mit nächster Innovation

Ausgehend von den Green Bonds hat sich das Thema Green aber auch weiterentwickelt. So haben etwa die Seychellen zum Schutz der Ozeane einen Blue Bond aufgelegt, und die EIB wartete im vorigen Jahr mit ihrer nächsten Innovation auf: Der erste Sustainability Awareness Bond erblickte im September 2018 das Licht der Welt; ein Projekt, das die EIB nun als Nächstes mit einer gehörigen Portion Ehrgeiz entwickeln möchte.

Meilensteine wurden aber nicht nur von der EIB, sondern auch von vielen anderen in diesem Markt gesetzt. Dazu zählt auch die ICMA (International Capital Market Association). Sie kam 2014 mit ihren Green Bond Principles, die heute im Markt ebenfalls ein klarer Standard sind. Dabei handelt es sich um freiwillige Prozessleitlinien zur Emission von Green Bonds, denen sich Banken/Emittenten verschreiben und die somit Anlegern auch eine klare Orientierung geben, wie mit Erlösen umgegangen wird. Denn schließlich geht es bei Green Bonds immer noch darum, dass hier Gelder besorgt werden für Projekte mit einem ökologischen Bezug. Das braucht Sicherheit.

Marktstandard der ICMA

Die Green Bond Principles, die mittlerweile auch schon in Social Bond Principles gemündet sind, beinhalten vier Kernkomponenten. Erstens: Verwendung der Emissionserlöse (Use of Proceeds). Zweitens: Prozess der Projektbewertung und -auswahl (Process for Project Evaluation & Selection). Drittens: Management der Erlöse (Management of Proceeds). Viertens: Berichterstattung (Reporting). Die Green Bond Principles der ICMA werden international unstrittig als Marktstandard anerkannt.

Das Thema Green Bonds bzw. Green Finance genießt auch an vielen Finanzplätzen einen immer höheren Stellenwert. Gemessen am Global Green Finance Index bilden folgende Städte die Top Five, wenn es um die Tiefe bzw. Intensität geht, die in Sachen Green Finance an dem jeweiligen Platz vorgehalten wird: Amsterdam, Zürich, Kopenhagen, Luxemburg und London. Luxemburg hat sich ausgehend von der EIB auch als Finanzplatz dem Thema Green Finance sehr stark verschrieben. 2016 wurde etwa eine grüne Börse ins Leben gerufen, die Luxembourg Green Exchange (LGX). Sie listet heute in etwa die Hälfte aller weltweit begebenen grünen Anleihen. Den nächsten Meilenstein setzte das Großherzogtum im vorigen Jahr. Im Sommer wurde ein grünes Anleihegesetz verabschiedet, und zwar für die Luxemburger Pfandbriefe, die sogenannten Lettres de gage énergies renouvelables, also Pfandbriefe der erneuerbaren Energien oder grüne Pfandbriefe.

Positive Resonanz

Bei den Investoren stoßen grüne Anleihen auf eine positive Resonanz. Das ist seit Jahren klar ablesbar. Der Kreis interessierter Anleger wird immer größer. Insbesondere jüngere Anlegergenerationen, die sogenannten Millennials, fragen Produkte wie Green Bonds nach. Aber auch andere Investorengruppen sind bei Green Bonds mit von der Partie. Zu denken ist etwa an Staatsfonds wie den aus Norwegen, der das Thema hoch gewichtet. Zudem fragen auch Versicherer und Pensionsfonds, Fondsmanager etc. solche Anleihen nach. Das bleibt am Markt nicht ohne Spuren. Mit grünen Anleihen treffen Emittenten mit schöner Regelmäßigkeit bei den Anlegern ins Schwarze. Abzulesen ist das an hohen Überzeichnungen. Und selbst Emittenten, die am Bondmarkt eher das Etikett Seltenheitswert umgehängt bekommen können, brauchen sich um einen Nachfragemangel keine Sorgen zu machen, wenn sie Green Bonds anbieten.

Grüne Wallonen

Ende April kam aus Belgien die Wallonische Region mit zwei grünen Anleihepapieren. Beide kamen im Volumen von jeweils 500 Mill. Euro. Das Orderbuch erreichte gute 3,5 Mrd. Euro. Platzierungsmangel sieht wahrlich anders aus. Und dabei wählten die Wallonen für ihren Gang an den Bondmarkt noch einen Zeitpunkt, der vielleicht nicht der günstigste war. Sie kamen in den Tagen direkt nach Ostern, als so mancher Investor wohl noch im Urlaub verweilte.

Und noch eine Entwicklung, die die gute Marktakzeptanz unterstreicht, ist in den vergangenen Wochen eingetreten. Wenn man bislang eine Renditekurve aus den grünen Anleihen und den nichtgrünen Anleihen bildete und beide miteinander verglich, ließ sich feststellen, dass grüne und nichtgrüne Anleihen auf den gleichen Renditeniveaus lagen – mit ein paar Basispunkten Unterschied.

Mittlerweile ist die Situation am Markt aber, dass die Renditen der grünen Anleihen leicht unterhalb der Renditen der nichtgrünen, also herkömmlichen Anleihen liegen. Das ist phasenweise am Sekundärmarkt zu beobachten. Das ist aber noch nicht durchgehend der Fall, eine solche Marktkonstellation ist also noch nicht nachhaltig. Es hat aber schon verschiedene Aufstockungen gegeben, die im Einklang mit dem Sekundärmarkt gepreist werden konnten, d. h. zu besseren Konditionen als die nichtgrüner Anleihen an den Markt kamen.

Diese am Markt zu beobachtende Entwicklung lässt die vorsichtige Prognose zu, dass die Renditen der grünen Anleihen womöglich schon auf absehbare Zeit sowohl am Primärmarkt – also zum Zeitpunkt der Emission – als auch am Sekundärmarkt (späterer Handel) dauerhaft unter den Renditen der nichtgrünen Anleihen liegen werden. Aus Sicht von Investoren und Emittenten eine sehr wünschenswerte Entwicklung, die aber noch am Anfang steht. Es zeigt jedoch ganz klar, in welche Richtung der Green-Bond-Markt geht. Dieser Aspekt sollte auch weitere Emittenten dazu ermutigen, sich mit einer Aufnahme von Green Bonds in das Refinanzierungsinstrumentarium auseinanderzusetzen. Selbstredend, dass die Förderung von Projekten mit ökologischem Bezug und die Erreichung der Klimaziele schon selbst Grund genug sein müssen für jegliche Emittenten – ob nun öffentlich oder privat -, sich mit diesen grünen Anleiheinstrumenten zu befassen.

Nicht grün „anstreichen“

Bei all dem Glanz, den der Green-Bond-Markt ausstrahlt, bleibt noch ein Problem. Es fehlt dem Markt eine einheitliche Definition, wenn es um die Frage geht: Was ist denn eigentlich grün? Das gleiche Problem findet sich zudem bei der Definition von Nachhaltigkeit. Das macht es Investoren, insbesondere den privaten Anlegern, auch so schwer, hier die Übersicht zu behalten. Jeder Emittent kann heute selbst völlig frei entscheiden, was er als ein grünes Projekt ansieht. Und dabei geht bei vielen Anlegern auch die Sorge vor einem Greenwashing um. „Wir müssen auf jeden Fall vermeiden, dass jemand kommt und eine Anleihe einfach nur grün anstreicht und sagt: Das ist jetzt ein Green Bond. Deshalb ist die EU-Taxonomie so wichtig. Sie gibt dem Markt und den Anlegern Sicherheit und beugt Greenwashing vor“, sagt Werner Hoyer, Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), dieser Zeitung.

Sicherheit für Anleger

Diese EU-Taxonomie ist derzeit in der Phase der Erarbeitung. Ausgearbeitet wird zeitgleich dazu auf EU-Ebene auch ein Green Bond Standard. Das wird Anlegern weitere Sicherheit geben, denn dann können sich Investoren neben freiwilligen Prozessleitlinien wie den GBP der ICMA auch noch auf ein EU-weites einheitliches Definitionsgerüst stützen. Das – so die Hoffnung vieler Beteiligten – soll dann auch einem Greenwashing vorbeugen, also Scharlatanen, die nur auf der Welle mitreiten, weil sie versuchen, günstig an Gelder zu kommen. Ein Ereignis, das dem Green-Bond-Markt bis heute erspart geblieben ist und – so die Hoffnung vieler – auch erspart bleiben möge. Diese Taxonomie zusammen mit freiwilligen Leitlinien werden dazu beitragen, dass sich der Green-Bond-Markt und mit ihm das gesamte Green-Finance-Segment noch mehr in Richtung Mainstream entwickeln wird. Ein Trend, den dieser Markt längst klar eingeschlagen hat.

Serie der Börsen-Zeitung

Die Börsen-Zeitung startet in dieser Ausgabe eine Serie zu Green Bonds. Dabei sollen die Herausforderungen, vor denen der Markt in den kommenden Jahren steht, dargelegt werden. Es geht aber auch um die Produkte dieses Marktes. Zudem soll gezeigt werden, in welche Richtung sich dieser Markt in den kommenden Jahren bewegen wird – und viele weitere Aspekte.


Die kostenlose Veröffentlichung dieser Artikel aus der Börsen-Zeitung wird ermöglicht durch: