LEITARTIKEL

Grüner Siegeszug

Green Bonds feiern einen weltweiten Siegeszug. Immer mehr Emittenten springen auf diesen Zug auf und bringen grüne Anleihen, mit deren Erlösen grüne Projekte, also Vorhaben mit ökologischem Bezug finanziert werden. Diese positive Marktentwicklung in Bezug auf einen stetig wachsenden Kreis von Emittenten und ein kontinuierlich wachsendes Marktvolumen stimmt umso freudiger, als es sich bei diesem Marktsegment nicht um irgendein Marktprodukt handelt, das für Anlage- oder Absicherungszwecke eingesetzt wird. Es geht schließlich um die konsequente Weiterentwicklung eines Marktes, der zur Finanzierung von Klima- und Umweltprojekten unerlässlich ist. Schließlich geht es auch um die Erreichung der Klimaziele des Pariser Klimaabkommens. Anlegergenerationen erhalten hiermit Kapitalmarktprodukte, mit denen sie sich an der Erreichung dieser Ziele finanzierend beteiligen können. Das ist zweifelsohne ein sehr wichtiges Unterfangen.

Ein solches Wachstum eines wichtigen Bondmarktes muss begleitet werden, und es ist in den vergangenen Jahren auch begleitet worden. So hat sich der Pionier der Green Bonds, die Europäische Investitionsbank als Bank der Europäischen Union, auch immer sehr intensiv für ein Standard Setting in diesem Markt nicht nur ausgesprochen, sondern es eben auch ganz aktiv begleitet. Doch es gibt auch noch andere, die diesen Markt maßgeblich mitgeformt haben: die globale Kapitalmarktvereinigung ICMA (International Capital Market Association). Sie hat diesem Markt schon vor Jahren die Green Bond Principles an die Seite gestellt, freiwillige Prozessleitlinien für Emissionen, die im Markt zum internationalen Standard geworden sind, und die in der Folgezeit weiterentwickelt und auf andere Bonds wie soziale Anleihen ausgeweitet wurden. Ein sehr wichtiges Verdienst der ICMA.

Und genau das sollte bei der Weiterentwicklung dieses Marktes auch nicht untergehen. In Vorbereitung sind auf EU-Ebene die Taxonomie für den Green-Bond-Markt und ein Green-Bond-Standard. Diesem Markt ein weiteres Rahmenwerk vorzugeben, ist löblich. Es ist wichtig, dass alle im Markt die gleiche Sprache sprechen und die gleichen Definitionen verwenden. Wenn die Frage auftaucht, was ist Green und was ist damit eine grüne Anleihe, müssen alle im Markt darunter das Gleiche verstehen. Nur so gibt es Sicherheit für Emittenten und Investoren gleichermaßen. Aber die Taxonomie darf nicht in Überregulierung ausarten und damit den Markt ersticken. Denn damit würde man zweifelsohne auf freiwilliger Basis gefundene Standards wie die Green Bond Principles der ICMA gleich mit zunichtemachen. Das sollten sich die Verantwortlichen bei der Entwicklung der Taxonomie immer wieder vor Augen führen.

Aufgerufen sind aber auch die Emittenten, etwas zu unternehmen. Eine grüne Anleihe zu emittieren, ist das eine. Aber das ist eben nur der erste Schritt. Sicher ist es schön, Mitglied im Club der grünen Bondemittenten zu sein. Doch das allein reicht nicht. Grün nur auf der Passivseite ist nicht genug. Grün muss man auch aktiv sein. Das fängt beim eigenen klimaeffizienten Bürogebäude an, geht über den Fuhrpark bis hin zu vielfältigen anderen Klima- und Umweltmaßnahmen, bei denen auch jeder einzelne Mitarbeiter ansetzen kann, ob im Unternehmen oder privat zu Hause. Und das gilt für alle Emittenten, ob multinationale Entwicklungsinstitution, Staat, Bank oder Unternehmen.

Und last not least sind auch die Finanzplätze selbst gefragt. Eine grüne und auch eine nachhaltige Strategie eines Landes erfordert auch immer, sich über Green Finance und Sustainable Finance Gedanken zu machen. Das gilt verständlicherweise auch umgekehrt. Ein Green-Finance-Standort macht ohne das entsprechende politische Commitment natürlich auch keinen Sinn. Und da gibt es noch so einiges zu tun. In den Benelux-Staaten und dem skandinavischen Raum ist das Thema Green seit Jahren sehr viel ausgereifter. Das lässt sich auch am Global Green Finance Index ablesen. Unter den Top Five der Städte mit der ausgeprägtesten grünen Finanzinfrastruktur finden sich etwa Amsterdam, Zürich, Kopenhagen, Luxemburg und London. Dann folgen schon Stockholm und Paris. Als einzige deutsche Stadt findet sich unter den Top Ten Hamburg. Frankfurt liegt im globalen Ranking zwölf Plätze hinter dem Standort Casablanca. Das kann nicht wirklich der Anspruch von Frankfurt sein. Hier gibt es viel Aufholpotenzial nicht nur für Frankfurt, auch für andere deutsche Städte und damit für Deutschland insgesamt. Das muss schnell angegangen werden. Klima- und Umweltschutz für diese und künftige Generationen ist zu wichtig.

(Börsen-Zeitung, 9.5.2019)

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Von Kai Johannsen

Green Bonds sind auf dem Weg zum Mainstream. Aber grüne Anleihen zu emittieren, ist das eine. Grün als Emittent vorzuleben, gehört aber auch dazu.

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